| Betreff: | Neues aus dem Bundestag: BILD hetzt gegen Geflüchtete und ihre UnterstützerInnen / fehlende Integrationskurse / Haushalt u.a. | 
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| Datum: | Fri, 23 Sep 2016 11:17:37 +0200 | 
| Von: | Dr. Thomas Hohlfeld <thomas.hohlfeld@linksfraktion.de> | 
Liebe Interessierte…
… es war einmal vor langer, langer Zeit, da
          verteilte eine Zeitung, mit Buchstaben so groß, dass man sie
          noch am Nachbar-Stammtisch lesen konnte, „Wir helfen“-Buttons,
          um Unterstützung für die neu ins Land gekommenen Menschen zu
          zeigen, die vor bösen Gefahren flüchten mussten. Und es begab
          sich, dass sogar der Vize-König des Landes diesen Button in
          das ihm ergebene Parlament trug und stolz herzeigte, auf dass
          die Untertanen die Botschaft verstünden...
Doch während Märchen – völlig zu Recht – ,
          meist gut ausgehen, nahm diese Geschichte einen unguten
          Verlauf: Der Vize-König trug in der Folgezeit nur noch
          Gesetzespakete ins Parlament, die den Geflüchteten zeigen
          sollten, wie unerwünscht sie im Lande sind. Und die wundersame
          Zeitung kehrte zu ihrer wahren Bestimmung zurück und nahm die
          Hetze gegen Geflüchtete in großen Buchstaben wieder auf.
So geschehen am gestrigen Tag, an dem die BILD-Zeitung
          aus einer seit Jahren bekannten Zahl einen vermeintlichen
          Skandal für die Seite 1 aufbereitete („NEUER IRRSINN BEI
            DER ABSCHIEBUNG“) und getreue rechte Gesinnungsgenossen
          (Wendt von der Polizeigewerkschaft und Friedrich von der CSU)
          zur Hetze blasen ließ.  „Bildblog“ hat die Geschichte
          wunderbar anschaulich aufgearbeitet:
http://www.bildblog.de/82048/wir-helfen-beim-rechten-verwirrspiel/
Dass sich die BILD-Zeitung ausgerechnet auf
          eine Anfrage der LINKEN berief, ist natürlich bitter, aber
          wenn Journalisten weder lesen noch Zusammenhänge denken
          können, ist da nichts zu machen. Die federführende
          Fragestellerin Ulla Jelpke nahm sich deshalb in einer
          Pressemitteilung lieber den Chef der Polizeigewerkschaft vor,
          der Anwälte und Pro Asyl als Teil einer
          „Abschiebeverhinderungsindustrie“ diffamiert hatte:
http://www.ulla-jelpke.de/2016/09/polizist-als-brandstifter/
Wundert sich eigentlich irgendjemand, dass
          der Rassismus in Deutschland grassiert und die AfD
          Rekord-Ergebnisse einfährt, wenn derart
          wirklichkeitsverzerrend über in Deutschland lebende
          Geflüchtete schwadroniert wird?
Übrigens hatte die taz als erstes über die
          Antwort der Bundesregierung berichtet, und zwar am 8.9. – mit
          deutlich anderem Tenor:
Nächstes Thema:
Die Süddeutsche Zeitung berichtet heute
          über das unzureichende Integrationskursangebot in
          Deutschland:
http://www.sueddeutsche.de/politik/migranten-run-auf-deutschkurse-1.3174463
Dass offenkundig zu wenige Kurse
          bereitstehen, ergibt sich aus der riesigen Kluft zwischen
            365.958 erteilten Teilnahmeberechtigungen bzw.
            Verpflichtungen (Januar bis August 2016) und erst 171.068 im
            selben Zeitraum neu begonnenen Kursen (siehe Sachinfo im
          Anhang). Das im Etat für Integrationskurse vorgesehene Geld
          wird also vermutlich nur deshalb ausreichen, weil es nicht
          genügend Kursangebote für die Hunderttausenden Menschen gibt,
          die liebend gerne schon vorgestern einen Deutschkurs begonnen
          hätten - das widerspricht allen offiziellen Bekundungen zur
          schnellen Integration der Geflüchteten!
Sevim Dagdelen, Migrationsbeauftrage der
          Linksfraktion, kommentiert: 
„Die Bundesregierung hat viel Zeit damit
            verschwendet, Gesetzesverschärfungen und weitere
            Verpflichtungen zu Integrationskursen vorzunehmen. Dabei hat
            sie immer den Eindruck vermittelt, Flüchtlinge müssten zum
            Spracherwerb gezwungen werden. In Wirklichkeit aber reicht
            das Sprachkursangebot offenkundig bei Weitem nicht aus.
            Viele hoch lernwillige Flüchtlinge erhalten einfach keinen
            schnellen Zugang zu einem Integrationskurs, weil die
            Bundesregierung schon seit Jahren unter anderem deutlich
            verbesserte Beschäftigungsbedingungen für Lehrkräfte in
            Integrationskursen verhinderte. Jetzt ergriffene
            Verbesserungen kommen für die aktuellen Herausforderungen zu
            spät. Merkels Motto ‚Wir schaffen das‘ ist vor diesem
            Hintergrund schlicht blanker Hohn.“
Im Innenausschuss des Bundestages erklärte
          der Staatssekretär des BMI dazu, die Flüchtlinge müssten halt
          noch mehr motiviert werden, in die Kurse zu gehen, das Angebot
          würde halt noch nicht so „angenommen“ - eine Unverschämtheit.
          Dabei hatte selbst die Bundeskanzlerin kurz zuvor erklärt,
          dass es „im Moment noch zu wenig Sprachkurse“ gebe und „nicht
          ausreichend Lehrerinnen und Lehrer“... 
Wie dem auch sei: Der angehangene Änderungsantrag
            der LINKEN zur Erhöhung der Mittel für Integrationsmaßnahmen
          im Bereich des Innenministeriums fand im Innenausschuss am
          Mittwoch nicht die Stimmen der Koalition. DIE LINKE hatte eine
          deutliche Aufstockung für die Integrationskurse, die
          Migrationsberatung und die Projekteförderung gefordert.
Wichtiger Hinweis fürs Lobbying: Die
          Koalition erklärte ausdrücklich, dass auch die Mittel für
            die Migrationsberatung nicht weiter angehoben werden
          sollen – trotz des gestiegenen Bedarfs! Bis zur abschließenden
            Beratung des Haushaltsausschusses am 10.11.2016 ist noch
          Zeit, den Koalitionsparteien die integrationspolitisch fatalen
          Folgen einer solch knausrigen Politik aufzuzeigen! 
Die Bundesregierung nimmt auf eine
          schriftliche Frage Stellung zur rückwirkenden Anwendung
            der neuen Wohnsitzauflage bei bereits in ein anderes
            Bundesland umgezogenen Flüchtlingen (anbei zur Info).
          Leider erklärt sie nicht, dass in diesen Fällen immer
          von einem Härtefall im Sinne des §12a Abs. 5 AufenthG
          ausgegangen werden muss (im Gegensatz etwa zum
          Regierungssachverständigen Daniel Thym!, vgl. ZAR 8/2016, S.
          249), sondern lediglich, dass solche Fälle in diesem Rahmen
          „angemessen berücksichtigt werden können“. 
Ulla Jelpke kommentierte, dass es schnell
          eine Einigung von Bund und Ländern geben muss, um die
          verfassungs- und unionsrechtswidrige Anwendung des
          Integrations(verhinderungs)gesetzes zumindest in diesen Fällen
          auszuschließen:  
Die Zahl der Untätigkeitsklagen gegen
            das BAMF nimmt deutlich zu - wen wundert´s!? Aus der
          Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage von
          Sevim Dagdelen (im Anhang) geht hervor: Ende Juni 2016 waren
          bereits 7.014 entsprechende Klagen anhängig, Ende März waren
          es nicht einmal die Hälfte. Nicht sagen konnte oder wollte die
          Bundesregierung, ob und wenn ja wie viele Untätigkeitsklagen
          wegen noch nicht ermöglichter Asylantragstellungen darunter
          waren.
Der Bayerische Rundfunk berichtete:
http://www.br.de/nachrichten/mittelfranken/inhalt/asyl-verfahren-klagen-100.html
Die Nutzung des ursprünglich für
          Geflüchtete (insbesondere Roma) vom Westbalkan geschaffenen Sonderlagers
            in Manching zur Unterbringung von Asylsuchenden aus der
            Ukraine ist Thema einer Kleinen Anfrage der LINKEN
          (Ulla Jelpke u.a.). Seit April 2016 werden auch ukrainische
          Flüchtlinge in dem auf Schnellverfahren und Abschreckung
          ausgerichteten Lager untergebracht. In ihrer Antwort:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/096/1809608.pdf
mokiert sich die Bundesregierung über
          Begriffe wie „Sonderlager“ und „Konzentration ukrainischer
          Asylsuchender“. Ulla Jelpke hält dem entgegen: 
„Im Gegensatz zur Bundesregierung störe
            ich mich nicht an der Begrifflichkeit „Sonderlager“, sondern
            daran, dass es solche Einrichtungen überhaupt gibt. Sie sind
            Sinnbild einer diskriminierenden Ausgrenzung und pauschalen
            Vorverurteilung bestimmter Flüchtlingsgruppen.“
Der Bayerische Flüchtlingsrat zitierte aus
          einem Umverteilungsbescheid ins Sonderlager Manching: „Es
          besteht ein erhebliches öffentliches Interesse daran,
          Ausländer aus sicheren Herkunftsstaaten mit geringer
          Bleibewahrscheinlichkeit in der für sie zuständigen
          Aufnahmeeinrichtung zu konzentrieren.“ (http://www.fluechtlingsrat-bayern.de/konzentrierung-von-balkan-fluechtlingen.html)
Gerade jetzt, wo die CSU wieder eine
          AfD-Forderung nach der anderen übernimmt, würde es sich doch
          einmal lohnen zu schauen, was aus alten CSU-Forderungen
          eigentlich geworden ist: Mit dem Asylpaket II wurden auf
          Drängen der CSU „besondere Aufnahmeeinrichtungen“ und
          Schnellverfahren unter extrem restriktiven Bedingungen für
          Asylsuchende aus angeblich sicheren Herkunftsstaaten auf den
          Weg gebracht. Bis heute macht nur Bayern von dieser
          gesetzlichen Regelung Gebrauch. Diese Lager sind also nicht
          nur aus humanitären und asylrechtlichen Gesichtspunkten eine
          absolute Zumutung, sie sind offenkundig auch völlig
          überflüssig. 
Unter anderem die Berliner Morgenpost
          berichtete:
Zum Abschluss noch ein
          Veranstaltungs-Hinweis:
Am 28. Oktober 2016 veranstaltet
          die Linksfraktion in Zusammenarbeit mit der
          Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Thüringer Landesvertretung
          eine Internationale Konferenz zum Thema „50 Jahre
            UN-Sozialpakt – Wo bleiben die sozialen Grundrechte?“.
Dabei geht es unter anderem um die sozialen
          Menschenrechte von Migrantinnen und Migranten, aber auch noch
          um viele weitere spannende Themen. 
Das genaue Programm und die Möglichkeit zur
          Anmeldung gibt es hier:
Beste Grüße
Thomas Hohlfeld
Referent für Migration und Integration
Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
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